Es kotzt mich an!

Seit meinem Studium versuche ich mich der sogenannten Weltliteratur zu nähern und werde immer wütender, denn oftmals, nicht immer(!) entpuppt sich sogenannte echte Sprache wie ein psyeudokitschiges Geschenkpapier, in das gestrickte Socken verpackt sind.

Erst vorgestern begann ich mit Ulysses von James Joyce, den Tagesaufzeichnungen eines Wandelnden durch Dublin.

Ernsthaft?! Sprach der vulgäre Dubliner Bürger zu Beginn des 20. Jahrhunderts über Aristoteles und Shakespeare?

Interessant, womit sich irische Arbeiter beschäftigen konnten, während man im benachbarten Großbritanien als Proletarierer unter der Sklaverei absurder Industrialisierung zu leiden hatte.

Und in Dantes göttlicher Komödie wird über 500 Seiten die Absurdität katholischer Kirche hergezogen, indem mindestens, wenn nicht sogar mehr zitiert, denn kritisiert wird.

Für mich ist das alles Anbieten an eine Elite, um von ihr ernst genommen zu werden.

Wenn intelligent verschroben, dann bitte Thomas Mann, der schreibt wahrhaftig schwer und sehr akademisch, aber ich glaube ihm. Er versucht seine Protagonisten wenigstens, nicht er selbst sein zu wollen.

Oder Tucholsky, das liebe versaute Kurtchen aus Berlin, wahrhaft ein Poet und Könner. Sein Esprit ist nicht exaltiert, sondern subversiv spürbar, -wenn man will – und ignorierbar, wenn nicht und dennoch kann man seine Werke genießen, auch ohne Abitur.

Und Herrmann Hesse, dem man vielleicht angebliche LSD Tripps nachsagt. Er schreibt aber über echte Persönlichkeiten und existenzielle Auseinandersetzungen mit sich selbst und nicht als Roman verpackte Doktorarbeiten ohne Quellenangaben.

Dostojewski, ein literaischer Philosoph, wahrlich. Diese Objektivität, die er aus dialektischen Charaktersubjektiven besonders in den Brüdern Karamasow zum Ausdruck bringt, ist ein seltenes Phänomen, dem  das gelingt, was nur wenigen vorbehalten ist. Kann man das nicht einfach akzeptieren und sich selbst als fehlbaren Möchtegern akzeptieren?

Ich versuche das, was mir nicht oft gelingt, aber ich versuche es wenigstens. Wenn Bullshitbingo, dann doch bitte begründet, in notwendig intellektuellen Protagonisten wie beispielsweise dem Mann ohne Eigenschaften.

Mich grauts mittlerweile vor Büchern aus Klassikerlisten, weil ich von selbstverliebten Autoren, bei denen das schriftstellerische Talent nur zur akademischen Anlyse reichte, in der Uni wahrlich genug Folterknechte der kranken und nach Verständnis gierenden Seele erlebt habe.

In english

It makes me sick!
Since my studies, I have been trying to approach so-called world literature and am becoming increasingly angry, because often, not always(!), so-called real language turns out to be like pseudo-kitschy wrapping paper in which knitted socks are wrapped.Just the day before yesterday, I started reading Ulysses by James Joyce, the daily notes of a man walking through Dublin.Seriously?!

Did the vulgar Dublin citizen of the early 20th century talk about Aristotle and Shakespeare?It’s interesting to see what Irish workers might have been preoccupied with, while in neighboring Great Britain, the proletariat suffered under the slavery of absurd industrialization.And in Dante’s Divine Comedy, the absurdity of the Catholic Church is dragged through the mud for over 500 pages, with at least as many quotations as criticisms.

For me, this is all pandering to an elite in order to be taken seriously by them.If we’re talking about intelligent eccentricity, then please, Thomas Mann, who writes in a truly difficult and very academic style, but I believe him.

At least he doesn’t try to make his protagonists be like himself.Or Tucholsky, the dear dirty Kurtchen from Berlin, truly a poet and a master. His wit is not exalted, but subversively palpable if you want it to be and ignorable if you don’t, and yet you can enjoy his works even without a high school diploma.

And Hermann Hesse, who is rumored to have taken LSD. But he writes about real personalities and existential struggles with himself, rather than doctoral theses packaged as novels without references.

Dostoyevsky, a literary philosopher, indeed. This objectivity, which he expresses through dialectical character subjects, especially in The Brothers Karamazov, is a rare phenomenon that achieves what only a few are capable of. Can’t we just accept that and accept ourselves as fallible wannabes?

I try to do that, which I don’t often succeed at, but at least I try. If you’re going to spout bullshitbingo, then please justify it with necessary intellectual protagonists such as The Man Without Qualities.

I now dread books from classic lists because I have experienced enough torturers of sick souls hungry for understanding at university from self-obsessed authors whose literary talent was only sufficient for academic analysis.

8 Kommentare

  1. Avatar von David David sagt:

    Ja, ich bin ein fehlbarer Möchtegern.

    Ich gebe es zu. Gerne.

    Oder, zumindest fehlbar…

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    1. Avatar von Ulf Ulf sagt:

      Vielleicht ist es genau diese Erkenntnis, die uns verbindet.

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      1. Avatar von David David sagt:

        Ja, Vielleicht!

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    2. Avatar von Ulf Ulf sagt:

      Ich bilde mir ein, vielleicht liege ich falsch, dass Du ein Duselbstsein Möchtegern bist. Denn das bin ich und ich mag diese demütige Perspektive.

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  2. Was genau ist denn Weltliteratur, lieber Ulf? Fragt eine Vielleserin, die gerade grübelt, ob sie den Spieler oder den Idiot von Dostojewski in jungen Jahren gelesen hat…?

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    1. Avatar von Ulf Ulf sagt:

      Lies lieber die Brüder Karamasow und Narziß und Goldmund von Hesse. Und Weltliteratur findet man wohl nur von Schreibern wie uns, oder?

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  3. Von Hesse habe ich, Schule sei dank, auch etwas gelesen, ich denke, gute Literatur gibt es zu Hauf und ist doch irgendwie auch Geschmacksache, oder?

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    1. Avatar von Ulf Ulf sagt:

      Absolut, ich für mich merke, dass mein Geschmack immer spezieller wird. Ich mag die seelische Tiefe kindlicher Neugierde.

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