Es wird Zeit …

(down below in english) Wenn ich in der Früh die Sonne aufgehen sehe und sich im Morgentau die Umgebung abzeichnet, bin ich seit vielen Jahren endlich wieder mit mir im Einklang.

Gewiss, es gibt viele Baustellen im Jürmann, die es noch zu bewältigen gilt, aber ich kann endlich wieder gut schlafen, auch wenn ich des nachts noch regelmäßig von Träumen geweckt werde, die jedoch langsam ihre beängstigende Realität zu verlieren scheinen.

Beim Blick auf die weiten des Meeres, über denen Spatzen ihre ersten Bahnen ziehen, scheint der innere Frieden zum greifen nah und dennoch merke ich tief in mir drinnen, das da noch was fehlt. Irgendwas stört die Eintracht, die schon zum greifen nah scheint. Irgendwas lässt mich immer noch nicht loslassen zu können.

Anfangs dachte ich, das dies die vereinzelten Besucher sind, die hier spazieren gehen oder die wilden Hunde, von denen sich besonders einer wie ein vertrauter Freund oft beim schon liebgewordenen Morgenritual am Strand zu meinen Füßen legt und gemeinsam mit mir die Ruhe genießt.

Aber der Störfaktor liegt in mir, tief vergraben und doch so präsent, dass ich ihn nicht negieren kann. Es sind die Zivilisationsgewohnheiten wie die Zigarette zum Kaffee oder das Bier zum Arbeiten, was mich einfach nicht das Vergangene hinter mir lassen kann.

Deshalb werden wir noch nicht heute diese gemütliche Einöde mit Dusche und sicherem Stellplatz verlassen, sondern erst morgen, denn heute ist es Zeit, sich um die inneren Baustellen und nicht die des Jürmanns zu kümmern.

Beginnen möchte ich mit dem Bier, dem scheinbar harmlosen Tranquilizer, der all abendlich die scheinbaren Sorgen verharmlost und die Einsamkeit ertragen lässt. Denn ich bin nicht einsam, wir sind es nicht und der Job ist trotz miesester Bezahlung das Beste was mir seit Langem passiert ist, denn er lässt mich 3000 Kilometer von der Heimat entfernt täglich die Euros verdienen, die mich weiter zuversichtlich in die Zukunft schauen lassen.

Ich möchte ab heute die Abende, wie die Morgende jetzt genießen, und Forellen beim Springen oder Bäumen beim Wehen lauschen und nicht sanft in Erinnerungen versinken, weil ich mich nicht ertragen kann.

Ab heute ist Klarheit Programm und die Droge der Stunde.

Ab heute soll alles wahrhaftig meine Sinne berühren, auch wenn es weh tut. Denn woher weiß ich, ob es Schmerz ist, der mich quält und nicht vielleicht doch ein unbekanntes Wohlbehagen, was ich einfach nur noch nicht kenne, weil ich es nicht zugelassen habe?

Wir haben uns auf das größte Abenteuer eingelassen und ich hab Angst vor schnöden Träumen?

Wenn ich das Leben neu erfahren will, darf ich nicht an alten Gewohnheiten festhalten. Neue Perspektiven bedürfen ganzheitlicher Bereitschaft sich neu zu erfinden. Schritt für Schritt. Und ab heute werde ich diese Reise beginnen und Braukunst durch Wachsamkeit ersetzen.

Wer weiß, wie viele Eisvögel, die ich grad blau schimmernd über dem Wasser nahe der Flamingos beobachten darf, oder Ziegen, die sich wie gestern gemächlich zufrieden die Abhänge entlang schlenderten, bereits verpasst habe?

Bis morgen,

Euer Ulf

It’s time …

when I see the sun rise in the morning and the surroundings become visible in the morning dew, I am finally in harmony with myself again for many years.

Certainly, there are many construction sites in the Jürmann that still need to be mastered, but I can finally sleep well again, even if I am still regularly awakened at night by dreams that, however, slowly seem to lose their frightening reality.

When I look at the vastness of the sea, above which sparrows are making their first passes, inner peace seems within reach, and yet deep inside I realize that something is still missing. Something disturbs the harmony that seems to be within reach. Something makes me still not be able to let go.

At first I thought that these are the isolated visitors who walk here or the wild dogs, of which especially one like a familiar friend often lays down at my feet during the already dear morning ritual on the beach and enjoys the peace together with me.

But the disturbing factor lies within me, deeply buried and yet so present that I cannot negate it. It is the habits of civilization, such as the cigarette with coffee or the beer with work, which simply cannot make me leave the past behind.

That’s why we won’t leave this cozy wasteland with shower and safe pitch today, but only tomorrow, because today it’s time to take care of the inner construction sites and not those of the Jürmann.

I would like to start with the beer, the seemingly harmless tranquilizer that downplays the apparent worries every evening and lets us endure the loneliness. Because I’m not lonely, we’re not lonely, and the job is the best thing that’s happened to me in a long time, despite the lousiest pay, because it lets me earn the euros every day 3,000 kilometers from home that let me continue to look confidently to the future.

From now on I want to enjoy the evenings, like the mornings now, and listen to trout jumping or trees waving and not gently sink into memories because I can’t stand myself.

From today, clarity is the program and the drug of the hour.

From today, everything should truly touch my senses, even if it hurts. Because how do I know if it is pain that torments me and not perhaps an unknown well-being, which I simply do not know yet, because I have not allowed it?

We have embarked on the greatest adventure and I am afraid of disdainful dreams?

If I want to experience life anew, I must not hold on to old habits. New perspectives require a holistic willingness to reinvent oneself. Step by step. And starting today, I will begin this journey and replace brewing art with vigilance.

Who knows how many kingfishers I may observe just shimmering blue above the water near the flamingos, or goats leisurely strolling contentedly along the slopes as yesterday, have already missed?

Until tomorrow,

Your Ulf

Wir freuen uns über jede noch so kleine Spende,unter:

https://paypal.me/@Silvana379

2 Kommentare

  1. Dominik sagt:

    Schöner Beitrag! Hier ein kurzer Impuls dazu, den ich nicht wortwörtlich vor kurzem gelesen habe:

    Die Lösung für das Problem der Tragödie und der Bösartigkeit liegt darin, sich ihnen zu stellen. Wer hätte das gedacht? Es ist ein völlig paradoxer Vorschlag. Aber warum funktioniert er? Je öfter man sich mit beiden konfrontiert, desto mehr wächst man – und vielleicht kann man so wachsen, dass man tatsächlich größer ist als das Chaos und die Boshaftigkeit selbst.

    Gefällt 1 Person

    1. Danke für den so passenden Kommentar. Exakt das ist es, man versucht immer alles zu ändern, dabei steckt das Eigentliche meist in einem selbst. Wegen Kommentare wie Deinem und einer anderen Followerin, schreibe ich so gerne, Danke!

      Like

Kommentar verfassen